Mit einem kontroversen Video-Einspieler wurde die Diskussion eröffnet. Entgegengestellt wurden die Kindermedienkonzepte von Super-RTL, vertreten durch Karen Mitrega, Redaktionsleiterin Daytime bei dem Sender, und das Konzept der „Sendung mit der Maus“ der ARD, vertreten durch Christoph Biemann, Ansager und Darsteller in der Kultsendung.
„Wir wollen Wissen mit Spaß ermitteln“, meinte Mitrega. Wenn die Sendung keinen Spaß mache, würden die Kinder umschalten. „Der erhobene Zeigefinger ist bei uns nicht angebracht“, betonte sie. Das optimale Verhältnis von Bildung und Spaß sei „100 Prozent“, sagte sie. „Aber wenn ich Abstriche machen müsste, dann eher bei der Bildung.“ Christoph Biemann indes meinte, die „Sendung mit der Maus“ habe überhaupt „keine Botschaft, wir sagen nur: Sei neugierig, Wissen macht Spaß.“ Verkehrte Welt? Ist „Die Sendung mit der Maus“ eigentlich Spaß-TV, und setzt Super RTL doch viel mehr als gedacht auf Bildung – zu fast „100 Prozent“?
Wie viel Bildung muss sein in Kindermedien?
Darüber diskutierten neben Biemann und Mitrega auf dem Podium Johannes Honsell von der megaherz GmbH film und fernsehen, der Producer von „Checker Can“, Verena Delius, Fox & Sheep GmbH (ein Produzent von Spiele-Apps für Kinder) und Anja Besand, Professorin für die Didaktik politischer Bildung an der Technischen Universität Dresden.
„Es ist wichtig, jeden Wissensinhalt auf unterhaltende Weise darzubieten“, sagte etwa Honsell. Dabei erläuterte er die Konzeption von Checker Can. „Wir haben uns gefragt, was Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren cool finden.“ Die Antworten der Redaktion seien wahrscheinlich alle falsch gewesen, meint Honsell. „Es ist schwer, festzumachen, was cool ist, denn es ändert sich ständig. Kinder finden Can cool, weil er alles selber machen will, ein bisschen frech ist, aber nicht zu frech. Und er darf auch scheitern. Er probiert was aus und es klappt nicht. Also probiert er etwas anderes. Das finden Kinder cool.“
„Was lernt man beim Nutzen von Games?“, fragte Moderator Thomas Krüger, Präsident der bpb, darauf Verena Delius. Sie fragte zurück: „Wie soll man Games definieren? Wir machen Apps für ganz Kleine, für Drei- bis Sechsjährige. Wir fragen uns vor allem: Wie portioniert man so eine App?“ Die Mütter wollten zum Beispiel meist, dass das Spiel auch mal wieder vorbei sei und nicht ewig dauere, am Ende womöglich Streit in der Familie entstehe. „Unser Aufgabe ist es, Kinder dosiert an neue Medien heranführen und sie spielerisch etwas lernen lassen.“ Sie räumte ein, dass es für Eltern schwer sei, gute Apps für Kinder aus dem massenhaften Angebot herauszufiltern. Sie befürworte es aber, wenn Qualitätsanbieter wie etwa die Süddeutsche Zeitung sich auf diesem Markt engagiere.
Ausgerechnet Christoph Biemann von der „Sendung mit der Maus“ meinte zum Thema Bildungsauftrag von Kindermedien: „Wir können nicht bilden.“ Wie war das gemeint? „Wir können nur Haltungen propagieren“, erläuterte er weiter. „Etwa, dass es okay ist, Fehler zu machen. Dass es gut ist, neugierig zu sein. Wir wollen Lust darauf machen, die Welt zu entdecken.“ „Die Sendung mit der Maus“ habe anfangs „harte Aufklärung“ betrieben, „das würden wir heute nicht mehr so machen. Wir wissen heute, dass wir auch die Eltern mitnehmen müssen.“
Welche Rolle sollen die Eltern beim Medienkonsum der Kinder spielen?
Professorin Besand legte dar, dass sich Bildungsangebote in Kindermedien vor allem an Eltern wenden und dass den Kindern der Bildungsinhalt zunächst egal sei. Die Eltern würden sich dafür interessieren, ob das Angebot etwas für ihre Kinder sei. Es sei ein typisches Phänomen, dass Eltern Kindermedien nutzten, weil sie die Erwachsenenmedien selbst nicht mehr verstünden. Sie selbst schaue die „Sendung mit der Maus“ ohne Kinder. Eltern müssten immer mitgedacht werden beim Thema Kindermedien, weil sie die Kinder erst auf wertvolle Angebote aufmerksam machten.
„Eltern sollen mit Kindern über Medien sprechen“, betonte Biemann. Es seien eher bildungsaffine Eltern, die mit ihren Kindern die „Sendung mit de Maus“ guckten, räumte er ein. Er würde gerne eine „Sendung mit der Maus“ für Eltern machen.
Man solle Medien als „Familienereignis“ begreifen, sagte indessen Delius, Medien sollten ein „gemeinsames Erlebnis“ sein – nicht nur Bücher, sondern eben auch Fernsehen etc. Man solle Medien nicht als Ausrede benutzen, um Zeit für sich selbst zu haben. Honsell hielt dagegen, dass „Checker Can“ erst einmal für Kinder gemacht werde – und weniger für die Eltern.
Wann ist ein Kindermedienangebot gut?
Besand betonte, mediale Angebote seien dann gut und wertvoll, wenn sie auch sichtbar machten, wie das Ganze entstehe. „Das ist ein wichtiges Kriterium“, sagte sie.
Honsell freue sich am meisten, wenn das Kind nach der Sendung das Gefühl habe, dass sie Spaß gemacht hat. „Aber je weniger wir denken, was da alles bleiben könnte, umso besser ist wahrscheinlich die Sendung.“
Kinderfernsehen solle dem Kind helfen, die Welt zu entdecken und zu verstehen, sagte Biemann. Und das müsse vor allem auch handwerklich gut gemacht werden. Darüber herschte Einigkeit auf dem Podium.
Wie viel Werbung darf sein?
Schließlich ging es auch noch um das Thema Werbung. Wird in der Bildungsdiskussion die finanzielle Seite reflektiert? Besand meinte, es würden im Bildungsbereich durchaus Strategien vermittelt, mit denen Kinder Werbung durchschauen könnten. Allerdings werde dies nicht mehr so entschieden gemacht wie früher, als Werbung eindeutig als etwas Negatives aufgefasst wurde. Mitrega betonte den sorgfältigen Umgang, den ihr Sender beim Thema Werbung praktiziere.