Nach den Games kamen die Apps. âApp in die Zukunftâ â unter diesem Motto stand des letzte Podium der KinderMedienKonferenz.
Es diskutierten Thomas KrĂŒger, Holger Knöferl von der Badischen Zeitung, die Autorin und Verlagsberaterin Louise Carleton-Gertsch von LCG Media for Children, und Malin BĂŒttner, Moderatorin bei neuneinhalb, den PreistrĂ€gern der Konferenz. Moderiert wurde die Runde von der Journalistin und Medienwissenschaftlerin Prof. Susanne Fengler.
Der fundamentale Wandel in der Medienbranche bildete den Ausgangspunkt der Diskussion. Wie wirken sich diese VerĂ€nderungen auf die Kindermedien aus? âEs wird eine Herausforderungâ, sagte Knöferl. âWir mĂŒssen Wege finden, Kinder durch diese neue Flut an Informationen und Nachrichten zu navigieren. Und das so, dass wir ihnen die Nachrichten auch erklĂ€ren können.â Auch BĂŒttner verwies auf die Notwendigkeit, den Kindern den Hintergrund von Nachrichten zu erklĂ€ren und ĂŒber die VerlĂ€sslichkeit von Informationsquellen aufzuklĂ€ren.
âWir als Erwachsene, als Dinos, verteidigen alte Medien und blicken deswegen angstvoll auf alles Neueâ, sagte KrĂŒger. Bei den Kindern habe er da weniger Angst. âDie sind neugierig und probieren gern aus. Ein Hoffnungszeichen. Wichtig ist, dass wir Erwachsene mit ihnen im GesprĂ€ch darĂŒber bleibenâ. Das Ziel sei ein âgemeinsamer Lernprozessâ.
Knöferl sieht aber auch Gefahren. âDie Medien fangen an, die Kinder mit Angeboten zuzuballern. Dort mĂŒssen wir einen Gang zurĂŒckschalten.â
Mediale Bildung
âIn Deutschland kann man Lehrer werden, ohne sich einmal ernsthaft mit Medien beschĂ€ftigt zu haben. Das ist fatalâ, sagte KrĂŒger. Die Medienkompetenz an der Schule mĂŒsse deutlich ausgebaut werden. Und auch Knöferl sagte, das Thema sei âhistorisch verpenntâ worden.
Carleton-Gertsch sagte, wir stĂŒnden âvor schwierigen Zeitenâ. Sie berichtete ĂŒber die sogenannten I-pad-Klassen in den USA, wo die GerĂ€te entweder von der Schule oder den Eltern an die Kinder gegeben werden und dort im Unterricht benutzt werden. Ihrer Erfahrung nach lernen Kinder mehr mit Lehrangeboten auf dem I-pad, âweil es sie interessiert und begeistertâ. Auf diese Weise könne man âdie digital natives in die Klassenzimmer holenâ.
Sind die deutschen Journalisten ĂŒberhaupt auf den Medienwandel vorbereitet? âWir Kindermedienjournalisten werden oft von Kollegen belĂ€cheltâ, sagte BĂŒttner. âDabei ist der Job kompliziert und schwierig.â Die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Kinder und die begrenzte Wortwahl seien groĂe Herausforderungen. âWir werden unterschĂ€tzt. Es ist eigentlich auch seltsam, dass es keine Auszeichnung fĂŒr Kindersendungen beim deutschen Fernsehpreis gibtâ. Auch KrĂŒger verwies auf die komplexe Arbeit von Kindermedienjournalisten. âSie sind die Avantgarde, die Komplexes einfach erklĂ€ren.â
Der finanzielle Aspekt
âWir mĂŒssen raus aus der Komfortzoneâ, sagte Knöferl. Es mĂŒsse â auch unter den Eltern â Respekt fĂŒr Kindermedien geschaffen werden. Er kritisierte aber, dass zu oft finanzielle Interessen im Vordergrund der Diskussion um Kindermedien stehen wĂŒrden.
Aber ist das multimediale GeschĂ€ft fĂŒr Verlage ĂŒberhaupt ertragreich? Carleton-Gertsch wog ab. âEs ist nicht so einfach mit digitalen Medien Geld zu verdienen, wie man denkt. Oftmals sind die Leute nicht bereit, dafĂŒr Geld auszugebenâ. Eine Möglichkeit sei das Eingehen von Partnerschaften. âNeben dem Teilen von Kosten und Einnahmen ermöglicht das Modell auch die Zusammenarbeit von Menschen aus verschiedenen Bereichenâ, sagte Carleton-Gertsch. Denkbar seien etwa Kooperation der Verlage mit Museen und gemeinnĂŒtzigen Vereinen.
An erster Stelle mĂŒssten immer die Inhalte stehen, nicht die Medien, sagte Carleton-Gertsch in Anlehnung an ein Zitat von Steve Jobs.
Welche Rolle spielen Kindermedien in bildungsfernen Familien?
âWir haben uns daran gewöhnt, dass wir bestimmte Gruppen nicht erreichen, wenn wir unsere Arbeit nicht âniedrigschwelligâ ansetzenâ, sagte KrĂŒger. Bildungsferne Kinder etwa wĂŒrden hĂ€ufig privat fernsehen. Um diese Gruppe zu erreichen, habe die bpb beispielsweise mit dem Format âBerlin Tag und Nachtâ, einer Scripted Realiy-Sendung im Privatfernsehen, kooperiert. Dort habe man die Seriencharaktere unter anderem den Wahl-o-Mat benutzen lassen â was zu einer hohen Nutzung des Tools in der RealitĂ€t gefĂŒhrt habe. KrĂŒger gab auch bekannt, dass die bpb in den nĂ€chsten Tagen ein Projekt auf youtube starten wĂŒrde.
Erwartungen an Politik und Wirtschaft
Er habe keine groĂen Erwartungen an die Politik, sagte Knöferl und verwies erneut auf die Notwendigkeit, das Thema Medien an den Schulen zu stĂ€rken. Auch Carleton-Gertsch sagte, dass das Thema Bildung ausgebaut werden mĂŒsse. Es brauche neue Konzepte fĂŒr Medien an den Schulen. âKinder sind motiviert, wenn man digitale Medien an die Schulen holt. Und motivierte Kinder lernen besserâ. BĂŒttner forderte, dass Kindermedien innerhalb der Medienlandschaft mehr Bedeutung bekommen sollten. âWenn zum Beispiel Katastrophen geschehen, mĂŒssen Kinder viel eher kindgerecht informiert werden. Etwa mit einem Brennpunkt direkt vor der Tagesschauâ.
KrĂŒger sieht dringenden Handlungsbedarf, was den Jungendmedienschutz angeht, etwa Filterlösungen fĂŒr die Kleinsten. Da sei auch der Staat gefordert. âUnser Leitbild muss aber sein, die heute Heranwachsenden als kompetente Mediennutzer in die Welt zu entlassen. Und bis zu diesem Punkt mĂŒssen wir sie schĂŒtzenâ.
Fragerunde
Ein Lehrer aus dem Saal meldete sich und verwies darauf, dass es zwar richtig sei, mehr Medienkompetenz an Schulen zu fordern, viele Schulen â vor allem die Haupt- und Realschulen â aber mit ganz anderen Problemen zu kĂ€mpfen hĂ€tten. KrĂŒger sagte, auch er sehe das Problem. Dennoch mĂŒssten besonders diese Bereiche âstĂ€rker gefördert werdenâ. Wichtig sei vor allem das âAndocken an die Lebenswirklichkeit der Kinderâ.