Wie erzählt man Kindern Krisennachrichten? Soll man grausame Dinge ausblenden? Soll man sie vereinfachen, und wenn ja: wie? Oder stumpfen die Nachrichten von Krieg und Krisen uns nicht alle grundsätzlich ab? Über diese Fragen diskutierte das erste Podium der 5. Kindermedienkonferenz.
Diskussionsteilnehmer waren Stephan Grünewald von rheingold, Claudia Fischer vom Dart Centre für Trauma und Journalismus in Deutschland, der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Norbert Bolz (Technische Universität Berlin), der Germanist und Filmemacher Arne Busse (bpb) und Claudia König-Suckel vom Deutschlandradio Kultur. Moderiert wurde die Runde von Malin Büttner (WDR).
Das letzte Jahr war voller Krisen, und sie ereigneten sich fast im Sekundentakt. Wie sie als Journalistin diese Zeit erlebt habe, wollte Büttner von Claudia König-Suckel, Redaktionsleiterin des Kinderfunks beim Deutschlandradio Kultur, wissen. „Routine hat sich nicht eingestellt“, sagte König-Suckel. Im Unterschied zu Medienangeboten, die sich an Erwachsene richten, hätten sie und ihr Team darauf geachtet, Themen wie die Finanzkrise zwar aufzugreifen – aber nicht zu häufig zu wiederholen.
Ob es Ereignisse gegeben habe, die zu drastisch für die Berichterstattung für Kinder gewesen seien? Es gebe bei ihnen keine Tabus, sagte König-Suckel. Auch Ereignisse wie Flugzeugabstürze seien thematisiert worden. Einzig, das Thema Kindesmissbrauch würde man selten aufgreifen.
Sollte man Kindern Katastrophenmeldungen verschweigen?
Auch diese Frage war Thema. Claudia Fischer verneinte. „Es würde auch nichts bringen“, sagte die Medienpädagogin. „Die Kinder sehen die Nachrichten ja eh überall. Die Gefahr besteht vielmehr darin, dass Nachrichten von ihnen nicht verarbeitet werden und in den Köpfen stecken bleiben.“ Besonders kritisch sei es, wenn in den Familien schwierige Verhältnisse herrschen und die Kinder nicht die Möglichkeit hätten, das Gesehene zu bereden.
Worauf also sollten Journalisten bei der Vermittlung achten?
Fischer setzt auf „konstruktiven Journalismus“. Die Medienmacher sollten schauen, „dass sie Lösungen anbieten, Auswege aufzeigen und demonstrieren, dass in Krisensituationen auch geholfen wird.“
Sei das nicht eigentlich Aufgabe der Familien und Bildungseinrichtungen?, wollte Büttner von den Podiumsteilnehmern wissen. „Absolut“, meinte Prof. Dr. Norbert Bolz von der TU Berlin. Doch inzwischen würden Lehrer die Aufgabe der Eltern übernehmen, und an den Unis müsse das nachgeholt werden, was in den Schulen versäumt worden sei.
Kindermedien zu pc?
Bolz ist bei der Wissensvermittlung durch die Medien vor allem eines wichtig: Medien müssten unterhaltsam sein. Wiederholt betonte er die Bedeutung des Spielerischen. „Man lernt sehr viel besser, wenn man spielt“, sagte er. Besonders in deutschen Medien werde häufig zu stark auf Fakten und zu wenig auf Emotionen gesetzt. Zugleich warnte er vor der Gefahr der Simplifizierung. Malin Büttner brachte in diesem Zusammenhang die Berichterstattung der Kindersendung logo (ZDF) über die Terroranschläge von Paris zur Sprache, die Bolz damals heftig kritisiert hatte. Logo hatte die Attentate – vereinfacht gesagt – als Ergebnis der französischen Kolonialvergangenheit dargestellt. Bolz betonte erneut, wie sehr er es ablehne, wenn ein Thema mit einer bestimmten Meinung „verschmolzen“ werde – das, was er „political correctness“ nennt.
Verständnis für die Funktionsweise von Medien vermitteln
Ein Aspekt, auf den sich alle Anwesenden einigen konnten, ist die Notwendigkeit, nicht nur die Nachrichten, sondern auch ein Verständnis für das Funktionieren von Medien zu vermitteln. Arne Busse (bpb) etwa wies darauf hin, dass man Kindern vermitteln müsse, dass der Auswahl von Nachrichten immer auch eine Entscheidung der Redaktion zugrunde liege. „Informationen zur Medienkompetenz müssen immer mitgesendet werden.“
Bolz hingegen hob auf das Selbstverständnis des Journalisten ab. Journalisten, die sich als Menschen, die alles wissen, gerieren, sieht er kritisch. Was stattdessen vorherrschen sollte: das Bild des Journalisten als Vermittler von Informationen. Es seien die Rezipienten, in diesem Fall die Kinder, die ermuntert werden sollten, mithilfe dieser Informationen ein Weltbild aufzubauen. „Nachrichten müssen konstruktivistisch sein.“
Wie aber steht es um die Gewichtung von Nachrichten im Gesamtprogramm? Claudia König-Suckel betonte, dass Nachrichten immer nur ein Ausschnitt ihres Angebotes sind. Der weitaus größere Rest ihrer Sendung befasse sich beispielsweise mit Musik – ein Thema, das für die Kinder selbst häufig deutlich wichtiger sei. Nachrichten seien natürlich dennoch bedeutend, quasi eine „Pflicht“, weil ihre Vermittlung in Schule und im Elternhaus mitunter zu kurz komme.
Der Wahlerfolg von Donald Trump – um dieses Thema kam auch die Kindermedienkonferenz nicht herum. Ihr Team habe sehr darauf geachtet, eigene Einstellungen zu dem Thema von der Nachricht zu trennen, sagte König-Suckel. Sie habe stattdessen auf Erklärstücke gesetzt – etwa zum Wahlsystem in den USA.
Terror, Tod und Tragödien – am ersten Tag der Kindermedienkonferenz ging es um ernste Themen. Daher sei es wichtig, den Kindern zu erklären, dass die Welt nicht nur aus Nachrichten bestehe, sagte Moderatorin Malin Büttner. „Wir müssen ihnen zeigen, dass das Leben auch nach Katastrophenmeldungen weitergeht.“